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Kein »Ghetto« für psychisch Kranke (Gießener Allgemeine Zeitung, 31.07.2018)

Geschftsfhrerwechsel

Horst Mathiowetz ist neuer Geschäftsführer des Fördervereins für seelische Gesundheit. Seinem Vorgänger Andreas Büscher danken Wolfgang Jende und Gert Mehles (v. l.) für 25 erfolgreiche Jahre. (Foto: Schepp)

GIESSEN

Ja, Arbeit kann krank machen, vor allem wenn der Leistungsdruck ständig wächst. Aber sie ist auch ein wichtiger Anker, gerade für Menschen mit psychischer Behinderung. Manchen gelingt es dank dieser Stabilisierung, ihren Alltag besser zu bewältigen oder gar auf Medikamente zu verzichten. 25 Jahre lang hat Andreas Büscher Entscheidendes dazu beigetragen, dass zahlreiche Patienten in und um Gießen in der Berufswelt Fuß fassten. Jetzt tritt der Geschäftsführer des Fördervereins für seelische Gesundheit in die zweite Reihe zurück.

»Wenn ein Geschäftsführer plötzlich weg ist, kann ein Vakuum entstehen«, erklärt der 61-Jährige im GAZ-Gespräch. Nun könne er seinem Nachfolger und bisherigen Stellvertreter Horst Mathiowetz (56) bei Bedarf zur Seite stehen. Büscher bleibt tätig beim Integrationsfachdienst (IFD), der seelisch, neurologisch und Hörbehinderte in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt und alle Seiten berät – Arbeitnehmer, Betriebe und Kostenträger.

Den IFD hat Büscher von Anfang an mit aufgebaut. Dabei wollte der gelernte Krankenpfleger und studierte Sozialarbeiter eine solche Tätigkeit eigentlich meiden, als er 1991 aus privaten Gründen von Dortmund nach Gießen zog: So viele Vorschriften, die sich ständig ändern! Beim Förderverein für seelische Gesundheit hatte er sich als Mitarbeiter im damaligen Hauptstandbein Betreutes Wohnen beworben. Doch kurzfristig wurde er im »Psychosozialen Dienst« – heute Integrationsfachdienst – eingesetzt und übernahm schon zwei Jahre später die Geschäftsführung des Vereins. Heute sieht er sein Arbeitsfeld als »ideale Schnittstelle«.

In den 25 Jahren sei der Verein rasant gewachsen, unterstreichen der Vorsitzende Gert Mehles und Schriftführer Wolfgang Jende. Mit fünf Mitarbeitern begann Büschers Tätigkeit. Aktuell beraten und betreuen insgesamt 25 Fachkräfte im Betreuten Wohnen, im Integrationsfachdienst, in der Unterstützten Beschäftigung und weiteren Projekten laufend etwa 200 Menschen aus Stadt und Landkreis Gießen. Sie haben beispielsweise Psychosen, Schizophrenie, Depressionen oder Persönlichkeitsstörungen.

Büscher habe die stetige Weiterentwicklung und die starke Vernetzung wesentlich mit vorangetrieben, unterstreichen die Vorstandsvertreter. So wurde 1996 die Bürogemeinschaft Integrationsfachdienst mit der Lebenshilfe und der Profile gGmbH gegründet, 1997 der Gemeindepsychiatrische Verbund. Der passionierte Läufer und Radler habe »kreative, kritische und manchmal ungewöhnliche Ideen« durchgesetzt und bei der Auswahl des Personals eine glückliche Hand bewiesen. Sehr gute Kontakte seien entstanden etwa zum Landeswohlfahrtsverband, der Agentur für Arbeit, zum Jobcenter und den Rentenversicherungsträgern.

Gutes Betriebsklima nutzt allen

Die wesentlichen Leitlinien habe Büscher mit geprägt: Kooperation, Regionalität, ambulant vor stationär, Prävention vor Rente, Nachhaltigkeit. Zusammengefasst: Menschen mit psychischer Behinderung sollen möglichst weder in »Ghettos« untergebracht noch im Betrieb zu stark »bemuttert« werden, sondern mitten in der Bevölkerung wohnen und arbeiten. Weil jeder Fall unterschiedlich sei, müssten die Lösungen individuell sein. Der Verein sei »nicht auf jeden Zug aufgesprungen« und habe insbesondere auf Projekte ohne langfristigen Nutzen verzichtet.

Der Bedarf an Hilfe für psychisch Kranke sei in Gießen mit seinen einschlägigen Kliniken besonders groß, erläutern der Psychologe Mehles und der Arzt Jende. Das Angebot sei zugleich ungewöhnlich breit. Vieles sei Horst-Eberhard Richter zu verdanken. Zahlreiche Initiativen des wegweisenden Psychoanalytikers wirkten bis heute.

Büscher bringt sein Fachwissen in zahlreiche Gremien ein und hält seit zwölf Jahren Vorträge für Unternehmen und Behörden. Darin versucht er unter anderem zu vermitteln, dass ein für psychisch Kranke günstiges Arbeitsumfeld der gesamten Belegschaft zugutekommt. »Warum erst neue Stühle anschaffen, wenn das Rückenleiden entstanden ist?« Mit einem guten Betriebsklima könne man auch Burnout und anderen Überlastungserscheinungen vorbeugen.

Der neue Geschäftsführer Horst Mathiowetz arbeitet bereits seit 1994 beim Verein und leitet den Bereich Betreutes Wohnen

KREIS GIESSEN

Unabhängige Hilfe

Stellen Sie sich vor, Sie sind psychisch krank und in Behandlung, haben aber ein Problem mit der Art der Therapie. Bei wem sprechen Sie das an? Ihrem Arzt, dem Leiter der Einrichtung, in der Sie vielleicht untergebracht sind? Ab sofort gibt es im Landkreis Gießen für solche und andere Schwierigkeiten im Bereich Psychiatrie eine unabhängige Beschwerdestelle. Wer dahinter steht, wie sie funktioniert und an wen sich das Angebot richtet, das war gestern Thema einer Pressekonferenz im Kreishaus.

Hinter der neuen Anlaufstelle steht eine neunköpfige Gruppe, die sich aus Psychiatrie-Erfahrenen, Angehörigen sowie Fachkräften der psychiatrischen Versorgung zusammensetzt. An sie können sich ab sofort Menschen wenden, die im Landkreis Schwierigkeiten mit Ärzten, Therapeuten, Kliniken, Wohnheimen, Tagesstätten, Beratungsstellen, Pflegediensten, gesetzlicher Betreuung oder anderen Dingen haben. Die Mitglieder nehmen die Beschwerden entgegen, gehen ihnen nach und wirken auf eine Klärung hin.

Allerdings nicht im Rahmen einer Sprechstunde. »Das ist für uns erst die nächste Stufe«, sagt Marco Auernigg, Psychiatriekoordinator beim Landkreis Gießen und Mitglied des Teams. Wer sich beschweren will, kann dies telefonisch oder schriftlich (per E-Mail oder Brief) tun. Die Informationen werden zunächst gesammelt, Entscheidungen zum weiteren Vorgehen im großen Plenum gefällt, das einmal im Monat tagt.

Seit vielen Jahren gibt es laut Gesundheitsdezernent Hans-Peter Stock die Forderung von Betroffenen, eine unabhängige Beschwerdestelle zu schaffen, nicht angedockt an eine Klinik oder andere Einrichtung. Jetzt hat der Landkreis den Anstoß dazu gegeben. Er ist allerdings nicht Träger, sondern stellt lediglich die Infrastruktur – Büro, Telefon, etc. – zur Verfügung. Aufgegriffen wurde das Thema bei der Behörde vor rund 18 Monaten in der AG Psychiatrie, einer Fachgruppe im Beirat von Menschen mit Behinderung. Hier wurde die Vorarbeit geleistet, das Angebot konzipiert und mit viel Kompetenz ausgestattet.

Ziel ist es allerdings nicht nur, Menschen mit Problemen im Bereich Psychiatrie zu helfen. »Wir haben auch den Anspruch, Strukturen zu verbessern«, sagt Auernigg. Soll heißen: Anhand der Informationen über mögliche Missstände will man auf bestehende Mängel hinweisen, Verbesserungsvorschläge machen und Veränderungen erreichen. Wert legt die Gruppe darauf, dass sie die Anliegen der Beschwerdeführer streng vertraulich, neutral und unabhängig bearbeitet, außerdem kostenfrei und möglichst schnell. »Was wir nicht tun? Wir bearbeiten keine anonymen Beschwerden, wir bieten keine Rechtsberatung, wir fällen keine Urteile«, sagt Auernigg.

Woher kommt ihre Motivation? Beschwerden landen häufig nicht dort, wo sie hingehören, sondern bei Dritten, sagt Horst Mathiowetz vom Förderverein für seelische Gesundheit. Deshalb muss es in seinen Augen »einen Ort geben, der unabhängig ist«. Das bestätigen andere Mitglieder der Gruppe. Viele Menschen hätten Hemmungen, Schwierigkeiten zu thematisieren, trauten sich häufig nicht, gegenüber Ärzten darüber zu sprechen, was ihnen missfällt, weiß Elisabeth Weißler-Mahlke von der Angehörigengruppe Mittelhessen. Den Grund dafür nennt der Psychiatrie-Erfahrene Manfred Haas: eine »enorme Hemmschwelle« bei Betroffenen.

Welcher Arbeitsumfang auf die Gruppe, die übrigens ehrenamtlich agiert, zukommen wird, wissen die Mitglieder nicht. Interessierte, die ein ernst gemeintes Interesse an der Mitarbeit haben, sind willkommen.

Unabhängiges Gremium nimmt sich der Probleme aus dem Bereich Psychiatrie an (Gießener Anzeiger, 30.03.2017)

BeschwerdestelleAnzeiger

Das Trialogische Team der Beschwerdestelle Psychiatrie im Landkreis Gießen stellte sich und die Einrichtung vor. Mit dabei auch Gesundheitsdezernent Hans Peter Stock (4.v.l.)

Foto: atb

Unabhängiges Gremium nimmt sich der Probleme aus dem Bereich Psychiatrie an

KREIS GIESSEN - (atb). "Beschwerden sind ein Beitrag zur Verbesserung", so lautet das Motto der neuen "Unabhängigen Beschwerdestelle Psychiatrie im Landkreis Gießen". Worum es geht, erklärte Marco Auernigg, Psychiatriekoordinator des Landkreises im Landratsamt.


Es gehe letztlich um eine niedrigschwellige Möglichkeit, Kritik anzubringen. Manfred Haas, Mitglied der Gruppe der Psychiatrie-Erfahrenen, erklärte, dass es bei psychisch Erkrankten häufig Hemmungen gebe. Wenn man gerade "richtig krank" sei, habe man an einer Beschwerdestelle allerdings kein Interesse. Später jedoch schon. Irmtraud Junker von der Angehörigengruppe Mittelhessen ergänzte, dass die Beschwerdestelle aber auch von Mitarbeitern etwa von Kliniken genutzt werden könne. Zum selben Thema sagte Elisabeth Weißler-Mahlke: "Betroffene und Angehörige trauen sich oft nicht Ärzte anzugehen, zu sagen, was ihnen nicht gefällt. Da bestehen Ängste." Die Beschwerdestelle sei da etwas ganz anderes. Man könne in einer guten Atmosphäre auf den Betroffenen zugehen und etwas fragen.
Jochen Schlenzig von der Gruppe der Psychiatrie-Erfahrenen Laubach erläuterte den weiteren Verlauf nach der Beschwerde. Diese gehe zunächst per Mail oder über Anrufbeantworter ein, Sprechzeiten gebe es nicht. Regelmäßig werden dann die Klagen während Treffen der neun Mitglieder besprochen. "Wir nehmen außerdem", so Schlenzig, "mit dem Beschwerdeführer Kontakt auf. Dann besprechen wir das Vorgehen mit der Person. Eventuell gibt es einen gemeinsamen Termin oder wir versuchen, zu vermitteln."
Beispiele für Beschwerden nannte Horst Mathiowetz vom Förderverein für seelsische Gesundheit, Leitung Betreutes Wohnen. So könnte es Klagen über angewendete Gewalt oder Zwang und auch über medikamentöse Vergabe geben. Manchmal werde kritisiert, dass Betreuer zu selten oder zu wenig da seien, oder dass das Verhalten bei Hausbesuchen nicht adäquat sei. Gefühlte Übergriffe könnten Kritikpunkte sein oder wenn die Eigenständigkeit Betroffener nicht gewertschätzt werde. Es gebe immer noch häufig das Bild, dass die Profis besser wüssten, was den Menschen helfe, als die Menschen selbst.
Den Profis solle die Einrichtung ebenfalls dienen. Man brauche ein Beschwerdemanagement, meinte Horst Mathiowetz. Häufig liefen Beschwerden über einen Dritten. Auch bei ambulanten Diensten laufe zudem nicht immer alles rund. Man brauche eine unabhängige Einrichtung.

Man wolle, so erklärte Auernigg weiter, mit der Einrichtung nicht nur einzelnen Personen weiterhelfen, sondern auch die Strukturen im Landkreis diesbezüglich verbessern. Er selbst, so Auernigg, sei als Psychiatriekoordinator nur beratendes Mitglied. Er machte darauf aufmerksam, dass die Einrichtungen keine Rechtsberatung anbiete.
Die Idee sei von einer Gruppe von Menschen mit Psychiatrieerfahrung schon vor einigen Jahren entwickelt worden. Mehrere Teilnehmer der Gruppe, außerdem Mitglieder der Angehörigengruppe Mittelhessen, die eine solche Beschwerdegruppe ebenfalls seit einigen Jahren fordert, und Vertreter professioneller Einrichtungen waren anwesend und bilden, teilweise ehrenamtlich, das Team der Beschwerdestelle.
Die AG Psychiatrie des Beirats für Menschen mit Behinderung des Landkreises Gießen griff dann die Forderung auf. Eine "Trialogische Zusammensetzung" ist das Stichwort. Das heißt, so Auernigg, eine Beschwerdestelle solle sich grundsätzlich aus Mitgliedern der oben genannten drei Gruppen zusammensetzen. Der Landkreis sei nicht Träger, biete aber die Infrastruktur an, so Auernigg. Dazu gehören etwa Telefon, Mailbox, Treffpunkt oder Aktenablage.

Er wisse allerdings schon, dass Betroffene nach wie vor Vorurteilen ausgesetzt seien, denen es zu begegnen gelte. Von
einer Wahrnehmungsverschiebung in den Medien spricht in diesem Zusammenhang Horst Mathiowetz, Leiter des Betreuten Wohnens im Förderverein
für seelische Gesundheit. So tauchten zum Beispiel Menschen, die unter einer Psychose leiden, nur dann medial auf, wenn sie etwa eine Straftat begangen hätten. Dieser negativen Verengung müsse mit Öffentlichkeitsarbeit entgegengetreten werden, so der Leiter, der eine andere öffentliche Wahrnehmung von Menschen mit psychischer Erkrankung einfordert. Auch dafür setzt sich der „Arbeitskreis Psychiatrie Erfahrene“ ein. Wer mitdiskutieren will, ist eingeladen und kann beim nächsten Treffen am 20. Januar um 11 Uhr einfach in der Frankfurter Straße 44 (zweiter Stock) vorbeikommen.

Die Gründung der Beschwerdestelle begrüßte auch der hauptamtliche Kreisbeigeordneter und Gesundheitsdezernent Hans-Peter Stock. Es sei eine berechtigte Forderung, eine unabhängige Beschwerdestelle einzurichten, meinte er. Er sei froh, dass es diese nun gebe. Er sagte: "Ich bin stolz darauf, dass wir das eingerichtet haben, bevor es durch gesetzliche Maßgaben vorgegeben wurde."

Ab sofort ist der Dienst nutzbar. Man kann sich über ein Telefon mit Anrufbeantworter oder per Post oder auch per E-Mail beklagen.
Die Telefonnummer lautet (0641) 93901439. Die E-Mail-Adresse lautet Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Beteiligt sind neben den Mitgliedern der Gruppe "Psychiatrie-Erfahrene", Mitglieder der Angehörigengruppe und von professioneller Seite Dr. Johannes Wilhelm von der UKGM, Dr. Astrid Dalizda von Vitos Gießen-Marburg und der niedergelassene Psychiater Dieter Schneider.

Integrationsfachdienst Gießen besteht seit 20 Jahren (Gießener Anzeiger, 26. September 2016)

Foto 20 Jahre IFD Foerderverein Giessen
Magnus Schneider, Alexandra Hüge und Andreas Büscher feiern das 20-jährige Bestehen des Integrationsfachdienstes Gießen. Foto: Maywald

GIESSEN - (fm). "Wir sind der richtige Ansprechpartner bei allen Fragen im Bereich Schwerbehinderung, Rehabilitation und Arbeitsleben", erklärt Andreas Büscher, Leiter des Integrationsfachdienstes (IFD) Gießen. "Wir beraten behinderte Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber in allen Fragen der Eingliederung."

Zusammen mit Alexandra Hüge, die den Bereich Vermittlung im IFD leitet, und dem Vorstand der Lebenshilfe, Magnus Schneider, blickte Büscher gestern auf die 20-jährige Erfolgsgeschichte des IFD zurück. Für ihn gibt es in ganz Hessen neben Gießen "keinen Fachdienst, der so gut ausgebaut ist". Allein im Bereich Vermittlung sind sieben der insgesamt elf IFD-Mitarbeiter tätig.

Unterm Strich hat der IFD in den letzten zwölf Jahren 289 Menschen mit geistigen, psychischen und seelischen Erkrankungen, mit intellektuellen Behinderungen und Hörbehinderungen in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt. Solche Schwerbehinderungen machen rund 75 Prozent der im Sozialgesetzbuch IX definierten Zielgruppe aus. Laut Alexandra Hüge kommen die meisten aus der Stadt und dem Landkreis Gießen, ein Teil auch aus dem Vogelsberg-, Lahn-Dill- und Wetterau-Kreis. Aufgrund seiner Leistungen, die das hessische Integrationsamt als "vorbildlich" bezeichnet, hat der IFD Gießen auch in diesem Jahr vom Jobcenter Gießen den Zuschlag für eine Maßnahme erhalten, die zunächst für zwei Jahre angelegt ist. Vor 20 Jahren haben sich die Geschäftsführer dreier Träger aus der Behindertenhilfe - Andreas Büscher vom Förderverein für seelische Gesundheit, Magnus Schneider von der Lebenshilfe Gießen und der inzwischen pensionierte Klaus Hugo vom Verein zur Betreuung psychisch Kranker (heute Profile gGmbH) - zusammengetan, um sich gemeinsam für die berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt einzusetzen. Die Idee zu einer "zentralen Anlaufstelle" für Arbeitnehmer mit Behinderung und deren Arbeitgeber hatte Magnus Schneider. Vorher arbeiteten "vernetzte Arbeitskreise" nebeneinander her. Zudem sollten die Übergänge bei der Vermittlung aus der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) auf den ersten Arbeitsmarkt sowie die Begleitung und Beratung der integrierten Menschen und deren Arbeitgeber vereinfacht werden. In einem auf drei Jahre angelegten Modellprojekt sollten in den Jahren 1996 bis 1998 Schulabgänger mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Der IFD Gießen wurde neben drei weiteren IFDs in Hessen (Frankfurt, Marburg und Kassel) zum Modellstandort gewählt. Damals kam Martin Schmidt zum Integrationsfachdienst und brachte das Modellprojekt nach drei Jahren erfolgreich zum Ende. Von 1998 bis 2001 schloss sich ein weiteres Modellprojekt an. In diesem konzentrierte man sich auf die Vermittlung arbeitsloser Menschen mit Behinderung. Als auch dieses Modellprojekt erfolgreich war, übernahm der Landeswohlfahrtsverband Hessen (Integrationsamt) die Regelfinanzierung.

Einig sind sich Büscher, Hüge und Schneider, dass geistig, psychisch oder seelisch erkrankte Menschen viel persönliche Unterstützung brauchen, weil sie schon kleinste Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz emotional sehr belasten. Mit der Einführung des Sozialgesetzbuches IX wurden die Bundesagentur für Arbeit, die Deutsche Rentenversicherung, die Gesetzliche Unfallversicherung und die Kriegsopferfürsorge verpflichtet, behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen zu unterstützen. Ab der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 war die GIAG (heute: Jobcenter Gießen) für die Vermittlung der meist langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung zuständig. "Die gute Zusammenarbeit mit dem heutigen Jobcenter Gießen läuft mittlerweile im elften Jahr", sagte Hüge.

Der Integrationsfachdienst ist laut § 109 SGB IX zuständig für schwerbehinderte Menschen mit einem besonderen Bedarf an arbeitsbegleitender Betreuung. Betroffene Menschen können sich montags bis freitags telefonisch an den Integrationsfachdienst wenden.

Integrationsfachdienst (IFD) Gießen
Ludwigstraße 14
35390 Gießen
Telefonnummer: 0641/97576-20
Fax: 0641/97576-50
Web: www.ifd-giessen.de
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

20 Jahre Bürogemeinschaft „Integrationsfachdienst Gießen“ (Pressemitteilung im September 2016)

Nunmehr zwanzig Jahre ist es her, als sich die Geschäftsführer dreier Träger aus der Behindertenhilfe – Andreas Büscher vom Förderverein für seelisches Gesundheit e. V, Magnus Schneider von der Lebenshilfe Gießen e. V. und Klaus Hugo vom Verein zur Betreuung psychisch Kranker e. V. (heute Profile gGmbH) – zusammengeschlossen haben, um sich gemeinsam für die berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den 1. Arbeitsmarkt einzusetzen. Dieses Ereignis nimmt Andreas Büscher (Leiter des Integrationsfachdienstes Gießen) zum Anlass, die Entstehungsgeschichte der Bürogemeinschaft und deren Entwicklung der vergangenen 20 Jahre Revue passieren zu lassen.

„Obwohl wir damals schon in diversen Arbeitskreisen vernetzt waren und eine ähnliche Arbeit machten, schien es uns im Hinblick auf die betroffenen Menschen sinnvoll, eine zentrale Anlaufstelle für Arbeitnehmer_innen mit Behinderung und deren Arbeitgeber zu schaffen. Hinzu kam die Überlegung, die Übergänge bei der Vermittlung aus der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) auf den 1. Arbeitsmarkt sowie die Begleitung und Beratung der integrierten Menschen und deren Arbeitgeber zu vereinfachen. In gemeinsamen Teamsitzungen und Supervisionen sollten Fälle besprochen und Übergaben von  den WfbM-Mitarbeiter_innen an IFD-Mitarbeiter_innen frühzeitig angebahnt werden. Zudem sollte eine Erweiterung des Angebots um den Bereich der Vermittlung erfolgen. Bis dahin hatte man sich schwerpunktmäßig um die Sicherung bestehender Arbeitsverhältnisse von Menschen mit Behinderung gekümmert. Nur in seltenen Fällen gelang es den Mitarbeiter_innen im Falle eines Arbeitsplatzverlustes eine neue berufliche Perspektive für den von Arbeitslosigkeit bedrohten behinderten Menschen zu erreichen. Durch eine spezielle Abteilung „Vermittlung“ innerhalb des IFD’s sollte es möglich werden, diese Menschen intensiv bei der Arbeitsplatzsuche zu unterstützen“, so Büscher.

In einem auf drei Jahre angelegten Modellprojekt sollten in den Jahren 1996 – 1998 Schulabgänger mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Der IFD Gießen wurde neben drei weiteren IFD’s in Hessen (Frankfurt, Marburg, Kassel) zum Modellstandort gewählt. Damals kam Martin Schmidt zum Integrationsfachdienst und brachte das Modellprojekt nach drei Jahren erfolgreich zum Ende. Noch heute arbeiten Teilnehmer aus diesem Projekt in Betrieben des 1. Arbeitsmarktes im Landkreis Gießen.
Von 1998 – 2001 schloss sich ein weiteres Modellprojekt an.  In diesem konzentrierte man sich auf die Vermittlung arbeitsloser Menschen mit Behinderung. Im Frühjahr 2001 kam Alexandra Hüge zum IFD-Team hinzu und erhielt zunächst einen auf die Restlaufzeit des Modellprojekts befristeten Arbeitsvertrag. „Mein erster Arbeitsvertag beim Förderverein für seelische Gesundheit e. V. war auf 10 Monate befristet. Mittlerweile arbeite ich seit fast 16 Jahren im IFD. Das sage ich heute immer wieder meinen arbeitsuchenden Klienten, wenn sie die Erwartung haben, sofort einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu erhalten.“

Auch dieses Modellprojekt war erfolgreich und so wurde das Angebot des IFD zur Vermittlung von arbeitslosen Menschen mit Behinderung unter der Kostenträgerschaft des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen – Integrationsamt in die Regelfinanzierung überführt. „Damals konnte jeder zu uns kommen, der die Zugangsvoraussetzungen (Arbeitslosigkeit, Schwerbehinderung und wohnhaft in Stadt oder Landkreis Gießen) erfüllte. Unsere Stellen incl. der Raumkosten waren vom Integrationsamt komplett finanziert. Dies betraf sowohl die Stellen der Mitarbeiter_innen, die sich um die Vermittlung kümmerten, als auch die, die bereits seit vielen Jahren mit der berufsbegleitenden Beratung von Menschen mit Behinderung betraut waren.“

Mit Einführung des Sozialgesetzbuchs IX (früheres Schwerbehindertengesetz) wurden andere Leistungsträger (Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Kriegsopferfürsorge) verpflichtet im Rahmen der „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ die berufliche Teilhabe (Eingliederung) behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen durch Geld- oder Sachleistungen zu fördern.

Die Integrationsämter zogen sich bedingt durch die gesetzlichen Veränderungen nach und nach aus der Finanzierung der Vermittlungsarbeit der IFD’s heraus. Hinzu kam, dass durch die Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 plötzlich eine neue Behörde, die GIAG (heute: Jobcenter Gießen) für die Vermittlung der meist langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung zuständig war. Es wurde November 2005 bis auch mit der GIAG eine Kooperationsvereinbarung geschlossen werden konnte. Die gute Zusammenarbeit mit dem heutigen Jobcenter Gießen läuft mittlerweile im elften Jahr“, so Hüge.

Trotz öffentlicher Vergabemaßnahmen, auf die sich auch andere Träger bewerben können, erhielt der IFD Gießen vom Jobcenter Gießen auch in diesem Jahr erneut den Zuschlag für eine auf zunächst zwei Jahre angelegte Maßnahme. „Wir sind stolz darauf, über so viele Jahre unser Angebot stetig erweitert zu haben und von verschiedenen Leistungsträgern wie dem Integrationsamt, der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter, den Rentenversicherungsträgern und Berufsgenossenschaften beauftragt zu werden. Zweimal jährlich lädt der Integrationsfachdienst Gießen die Leistungsträger zu einem Koordinierungsausschuss ein, um sich über die gemeinsame Arbeit auszutauschen.  Auch wenn kürzlich ein Träger – die Profile gGmbH – die Bürogemeinschaft verlassen hat, um sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren, so spricht unsere Position am Markt dafür, dieses Modell auch in den kommenden Jahren fortzusetzen“, meint Büscher.

Der Integrationsfachdienst ist laut § 109 SGB IX zuständig für schwerbehinderte Menschen mit einem besonderen Bedarf an arbeitsbegleitender Betreuung. Dies betriff insbesondere Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung oder mit einer schweren Körper-, Sinnes- oder Mehrfach-behinderung. Betroffene Menschen können sich montags bis freitags telefonisch an den Integrationsfachdienst wenden. Es erfolgt dann zunächst eine Klärung, wer als zuständiger Leistungsträger für eine Beauftragung des IFD in Frage kommt, bevor eine Aufnahme in eine der Maßnahmen im IFD – Vermittlung oder in die berufsbegleitende Beratung für schwerbehinderte Arbeitnehmer_innen erfolgt.

Integrationsfachdienst Gießen
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35390 Gießen
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Fax: 0641 / 97576-50
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Web: www.ifd-giessen.de

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